Der Friedhof

pp: 1. Post
Gelangweilt sitzt Y auf einem Dach in Venedig. Der Mond ist fast voll und taucht die Stadt in ein fast magisch wirkendes silbriges Licht. Das Wasser in den engen Kanälen spiegelt an einigen Stellen den Mond, aber sonst ist es tief schwarz. Alle Venezianer liegen in ihren Betten und schlafen. Hin und wieder ertönt das leise „Pock“, wenn eine Gondel an den Pflock stößt, an dem es fest vertäut ist. Langsam zieht Nebel auf und hüllt die Stadt ein. Umschließt die Häuser, die langsam von unten vermodern und hüllt auch Y auf dem Häuserdach in eine weiße Decke. Durch die in weiße Unschuld gehüllte Nacht stielt sich ein Geräusch an Ys Ohr. Das Rascheln von Kleidern. Fast lautlos gleitend schwebt ein weiterer Venezianischer Dämon über das Dach und setzt sich zu Y. „So allein im Nebel?“ fragt J und legt die recht Hand auf den Mund ihrer Maske, um sie zu einem sanften Lächeln zu verformen. „ich schätze meine Privatsphäre“ gibt Y ruhig zurück. „Privatsphäre mir gegenüber?“ fragt J und zieht die rechte Augenbraue der Maske mit zwei Fingern hoch. „Das wäre mir neu.“ Y erhebt sich langsam und J tut es ihr gleich. „Es tut gut, dich wiederzusehen.“ Sagt Y schließlich. „Du willst das wirklich durchziehen, auf die Magic Academy zu gehen, oder?“ fragte J während sie ihre Maske wieder zu einem Pokerface formt. „Ja.“ Kommt die knappe Antwort von Y. „Dann viel Glück.“ Sagt J noch, bevor sie vom Dach springt und in dem dichten Nebel verschwindet.
Plötzlich schreckt Y aus ihren Gedanken. Sie sitzt auf einem Grabstein und hing bis gerade eben ihren Gedanken hinterher. Aber irgendetwas hat sie aus ihren Gedanken gerissen. Sie beschließt aufzustehen. Hier an diesem düsteren Ort ist es sogar zur Mittagszeit schummerig und dunkel. Das Friedhofstor Knarrt, als sie den Friedhof verlässt und langsam über den Boden durch den Wald schwebt. Aber weit und breit ist kein lebendes Wesen. Also geht Y zurück zu dem Grabstein, auf dem sie bis vor kurzem noch gesessen hatte und grübelte weiter. So hatte sie Jahrhunderte durchgestanden, dass würde sie es jetzt wohl auch noch bis zum Sonnenuntergang schaffen.

Y sitzt noch ein paar Minuten auf dem Grabstein und wartet. Dann steht sie auf und atmet einmal tief durch. Fühlt, wie sich ihre Lungen mit der modrigen und drückend feuchten Luft füllen. Sie liebt einfach den Geruch des Todes. Langsam schwebt sie Richtung Friedhoftor. Da spürt sie etwas. Etwas komisches, vielleicht ist es sogar ein bisschen Nervosität. „Du hast zwei Weltkriege, Schlachten, grausame Morde, tragische Schicksale und eine eigenen Morde gesehen und jetzt bist du nervös, weil du in eine Schule voll Blagen gehen sollst?!“ schallt sie sich selbst und verlässt den Friedhof.
tbc: Tief im Wald